Die Bayreuther Erklärung der Universitätskanzler*innen behauptet, dass die Massenbefristungen an deutschen Universitäten ein Beitrag zur Qualifizierung der Beschäftigten sei und zur Qualitätssicherung an Hochschulen beitrage. Wir halten dieses Papier stattdessen für einen Schlag ins Gesicht für alle WissenschaftlerInnen, die sich mit ihren prekären Arbeitsverhältnissen rumschlagen und als einen Beleg für die mangelnde Wertschätzung der Arbeit von WissenschaftlerInnen durch Ihre Arbeitgeber.
Verweis auf Qualifizierung belegt Unkenntnis der Kanzler*innen
Es zeigt aber noch viel mehr: Es ist ein Beleg für die Unkenntnis oder eher Realitätsleugnung der Arbeitsbedingungen durch diejenigen Personen, die in Deutschland leiten. Entgegen ihrer Darstellung, dass vorrangiges Ziel der Universität, individuelle ‚Qualifizierung‘ zu sein habe, ist es die Aufgabe, nachhaltig gute Forschung und Lehre sicher zu stellen. Das geht nicht mit institutioneller Unsicherheit und ständigen Personalwechseln, sondern nur mit gesicherten und entfristeten Beschäftigungsverhältnissen. Universitäten sind keine Fabriken für individuelle Qualifizierung!
Auch nicht-wissenschaftliches Personal von Befristung betroffen
Der Verweis auf Qualifizierung, der schon bei sogenannten NachwuchswissenschaftlerInnen ab Mitte Dreißig wie Hohn klingt, geht schließlich vollkommen fehl, wenn man die hohen Qualifizierungsquoten des wissenschaftsunterstützenden Personals bedenkt. An der Universität Göttingen sind ein Viertel bis ein Drittel aller Verwaltungsangestellten befristet beschäftigt – Tendenz steigend. Hierzu haben die Uni-KanzlerInnen in ihrer Erklärung nichts zu sagen, würde es doch allzu offensichtlich aufzeigen, wie unzulänglich ihre Argumentation ist.
Befristung sorgt für schlechte Lehre
Schließlich zeigt die Bayreuther Erklärung auch ein großes Desinteresse daran, was die Befristungspraxis mit den unbefristeten KollegInnen und Studierenden und ihren jeweiligen Bedingungen macht: Die wenigen unbefristeten Beschäftigten übernehmen überdurchschnittlich viel Verwaltungsarbeit, müssen immer wieder neu an- und einlernen und werden somit strukturell und kontinuierlich mit Aufgaben jenseits ihrer Tätigkeitsbeschreibung überfordert. Für die Studierenden bedeutet die Befristungspraxis schlechte Lehre und mangelhafte Betreuung, insb. bei Abschlussarbeiten. Ständige Personalwechsel machen es häufig schwer bis unmöglich, die Betreuung von Abschlussarbeiten in gewünschtem und geforderten Maße zu bewerkstelligen.
Veränderungen sind möglich
Aus all diesen (und noch mehr) Gründen steht die Bayreuther Erklärung für alles, was falsch läuft, im Universitätsbetrieb: Qualifizierungslüge, Überlastung von KollegInnen und unzuverlässige Gewährleistung guter Studienbedingungen. Sie gibt aber auch Grund zur Hoffnung. Die vielen Reaktionen zeigen, dass mehr und mehr Beschäftigte sich das nicht mehr gefallen lassen. Die Befristungspraxis wird inzwischen nicht mehr als unveränderlicher, quasi-natürlicher Bestandteil universitärer Beschäftigungskultur gesehen, sondern als das, was sie ist: Eine bewusst geschaffene Regelung, die vielen schadet und wenig nützt – und die daher von den vielen verändert werden kann!